COLOSSEUM

“The Return Of A Legend” 

 

Chris Farlowe * Clem Clempson * Mark Clarke

Malcolm Mortimore * Kim Nishikawara * Nick Steed

 

Der Name klingt bombastisch, und tatsächlich sind COLOSSEUM so etwas wie Saurier in der Geschichte der Rockmusik: ein Zusammenschluss von ungeheuer virtuosen Solisten, dabei trotzdem mit einem geschlossenen, kompakten Sound und in den verschiedenen Konstellationen musikalisch stets sehr innovativ. Die beiden ersten Alben, “Those Who Are About To Die Salute You” und “Valentyne Suite”, beide 1969, erreichten die Top 20 in den britischen Album-Charts.

Gegründet wurde die Band 1968 von Schlagzeuger Jon Hiseman und dem Saxophonisten Dick Heckstall-Smith zusammen mit dem Organisten Dave Greenslade, dem Bassisten Tony Reeves und dem Gitarristen/Sänger James Litherland. Hiseman und Heckstall-Smith lernten sich 1967 in der GRAHAM BOND ORGANIZATION (mit Ginger Baker später Cream) kennen und stießen dann zu JOHN MAYALL´S BLUESBREAKERS (mit Mick Taylor später Stones), um die Studio-LP “Bare Wires” einzuspielen. Dieses erste COLOSSEUM line up war Teil des legendären Rock Movies SUPERSESSION mit Eric Clapton, Buddy Guy, Stephen Stills, Buddy Miles & Led Zeppelin.

Der eigentliche Kopf der Band war Schlagzeuger Hiseman – sein musikalischer Werdegang prägte auch die Stilvielfalt von COLOSSEUM: Er kam eigentlich vom Jazz, hatte aber auch Erfahrungen in Sachen Blues und Rock gesammelt und brannte darauf, komplexe musikalische Ideen mit einer Gruppe von handwerklichen Könnern umzusetzen. Was ihm auch gelang: Kritiker äußerten sich begeistert über das Plattendebüt, insbesondere über das Zusammenspiel raffinierter Bläsersätze mit der virtuosen, aber dabei ungeheuer kraftvollen Rhythmusmaschinerie. Beim Publikum kam zunächst das zweite Album (“Valentyne Suite”, 1969) am besten an & COLOSSEUM schaffte es, sich einen Ruf als hervorragender und innovativer Live-Act aufzubauen. Anfang 1970 ging Litherland zu MILLION und Reeves zog sich wieder auf seinen Posten als Produzent zurück, diesmal für Sandy Denny und John Martyn. Hiseman ersetzte sie durch den früheren BAKERLOO-Gitarristen Dave ‘Clem’ Clempson, den Bassisten Mark Clarke und verpflichtete einen professionellen Sänger: Chris Farlowe. Farlowe galt als prominenter Vertreter der britischen Rhythm’n’Blues-Szene & hatte schon 1966 einen Nummer-Eins-Hit mit dem ROLLING STONES-Song “Out Of Time”.

In dieser Besetzung, verstärkt durch Barbara Thompson, Hisemans Lebensgefährtin und hervorragende Jazz-Saxophonistin, nahmen COLOSSEUM 1970 die dritte LP, “Daughter of Time” auf – es sollte die letzte Studio-LP werden. Denn ein knappes Jahr später, im Oktober/November 1971 ließ sich diese Band von Solo-Virtuosen nicht länger zusammenhalten. Clempson ging als Nachfolger von Peter Frampton zu HUMBLE PIE; Farlowe widmete sich – nach einem Zwischenspiel bei ATOMIC ROOSTER – weiter seiner Solokarriere; Greenslade gründete eine Band unter eigenem Namen & Heckstall-Smith zog ebenfalls eine eigene Band auf. Clarke und Hiseman gründeten mit Sänger Paul Williams (ExZoot-Money-Band) und Gitarrist Allan Holdsworth, der später zu SOFT MACHINE gehen sollte, TEMPEST.

Praktisch gleichzeitig mit dem Split der Band kam allerdings noch ein Doppelalbum auf den Markt, das man sicherlich auch heute noch getrost als ein Juwel der Rockgeschichte bezeichnen kann: “Colosseum Live”.

1994 reformierte sich die Formation in der ´klassischen´ “Colosseum Live”– Besetzung von 1971 und präsentierte seither ihr Programm mit großem Erfolg auf zahlreichen Festivals und Europa-Tourneen, flankiert durch ihre Veröffentlichungen “The Reunion Concerts 1994”, “Bread And Circusses” (1997), “Tomorrows Blues“ (2003) & „LIVE ´05“ (2007) & “TIME On Our Side“ (2014).

Für den im Dezember 2004 verstorbenen Saxophonisten Dick Heckstall-Smith spielte Barbara Thompson das Saxophon bis zum Abschiedskonzert am 28.02.2015 der Band im alterwürdigen Shepherd´s Bus Empire.

Aber die Fans lieben nun mal die grandiosen Colosseum Werke, und sie wissen genau, dass noch genug Mitglieder den legendären Koloss wieder in Bewegung setzen können: Die Konzerte des legendären Sextetts haben 2021 wieder begonnen. Die Farlowe-ClempsonClarke-Frontline ist intakt; es gibt drei Neue. Wer ersetzt nun Jon Hiseman, den 2018 tragisch verstorbenen Gründer/Drummer/Chef? Gitarrist Clem Clempson: “Malcolm Mortimore, unser neuer Drummer [Gentle Giant, Arthur Brown, Frankie Miller], geht Risiken ein wie Jon! Wir brauchten beim Jon Hiseman Memorial in Londons Shepherds Bush Empire einen Drummer. Seitdem trommelt Malcolm bei uns: Nicht wie Hiseman, sondern was der Song braucht.“ Auch der Saxophon-Posten ist bei Colosseum entscheidend. Clem: „Mehrere Saxer standen zur Auswahl. Eines Abends saßen wir in einer kleinen Bar in Arnis, Schleswig-Holstein, sahen das Video eines Chris-Farlowe-Songs, auf dem Kim spielte. Sein Solo haute uns um: er war der richtige Saxophon-Spieler für Colosseum!“ Kim Nishikawara tourte mit R&B-Legenden wie Cliff Bennett und Alan Price. Und der neue Greenslade? “Als die Suche nach einem neuen Keyboarder Fahrt aufnahm, war es Kim Nishikawara, der Nick Steed empfahl. Nick war in ganz Europa mit einer Reihe von großartigen Musikern unterwegs, Dennis Chambers, Gary Husband, Jeff Berlin, Steve Hackett, David Sancious, Ginger Baker, Van Morrison und schickte uns Aufnahmen, die absolut beeindruckend waren!” Steed zeigte schon im August 2021 in Hamburg, wie er Colosseums Markenzeichen bedient, mit ganz eigener emotionaler Handschrift.

Mortimore, Nishikawara & Steed geben dem Farlowe-Clempson-Clarke-Triumvirat einen heftigen Kick. Farlowe hat mit 81 Jahren rein gar nichts von seiner vokalen Kraft verloren – er interpretiert klassische Colosseum-Songs mit offensichtlicher Freude und Überzeugung, vergisst auch seine berühmten Scat-Gesänge nicht und garniert „Stormy Monday Blues“ mit Textzitaten zwischen “Flip, Flop & Fly“ und “The girl can’t help it – she’s in love with – me!“ Clem Clempson – auf der Bühne Band- und Cheerleader – ruft Breaks aus, dirigiert dramatische Höhepunkte im Repertoire, zelebriert Solo-Passagen zum Niederknien und glänzt mit humorvollen Extras wie im epischen “Lost Angeles“. Mark Clarke bleibt der Anker mit Basseinsätzen, die oft eine exquisite zweite Melodielinie einführen. Gleichzeitig ist Clarke unentbehrlich als verlässlicher Chor-Vokalist sowie gelegentlicher Leadsänger.

Dies ist keine Denkmalschutz-Operation, sondern eine vibrierende Band, mit der man rechnen muss!

Quelle: Munzinger Archiv & Uli Twelker (Good Times).

 

 

 

Aktuelle Presse zu Colosseum live

Jazzfest in Rottweil Max Herre und Colosseum begeistern das Publikum

Bodo Schnekenburger 08.05.2022 - 20:30 Uhr

„Schwarzwälder Bote“

 

Rottweil - Am Freitag begannen die Abendkonzerte des 34. Rottweiler Jazzfests im Stall. Nicht irgendwie, sondern mit Wucht. "Colosseum" zeigte, dass auch eine Legende ausgesprochen lebendig sein kann.

Sicher, "Rentnercombo" ist despektierlich, wenn man an "Colosseum" denkt, und auch nicht so ernst gemeint. Doch könnten Chris Farlowe, Dave Clempson und Mark Clarke durchaus ihren Ruhestand genießen. Und es gab schon frühere Genies, auch beim Jazzfest, die nicht einmal mehr mitbekommen, dass sie allenfalls ihren Abgesang zelebrieren. Eine gewisse Vorsicht in der Erwartungshaltung, um Enttäuschung vorzubeugen, schadet also nicht. Am Freitag war man davon meilenweit entfernt. Auf beiden Seiten der Bühnenkante.

„..authentischer Jazzrock. „…herrlich, anachronistische Barock-Linien in den Keyboard-Soli. „… Gitarrensound, der auch tüftelige Figuren im Diskant sauber bettet. „…lustvoll ausgespieltes Schlagzeug.

Der Hunger nach Kultur "zum Anfassen" ist da. Und auf der Bühne? Da geht es zu, als sei Musik machen das, was am einfachsten ist. Einfacher als ausruhen. Es muss einfach sein. Und: "Es ist gut, wieder zurück zu sein", sagt Chris Farlowe. Kein schneller Spruch, wie sich herausstellen wird. Auch mit über 80 Jahren liefert Farlowe R’n’B-Gesang, der sich gewaschen hat. Und er ist bester Laune – wie seine ganze Truppe. Seitenhiebe etwa zu besonderen deutsch-britischen Verbindungen wie Boris Becker und deren aktuellen Status inklusive.

Doch es geht um die Musik, und die hat es in sich. Mit Kim Nishikawara hat die Band einen Saxofonisten gefunden, der sich virtuos einbringt, starke Akzente setzt, ohne das vertraute Gefüge zu zerstören. Auch Keyboarder Nick Steed fügt sich ausgezeichnet in das Musiksystem von "Colosseum", das am Freitag zeigt, wie Live-Musik sein soll: in diesem Fall eher rau als elegant und immer mit vitaler Authentizität statt affektierter Attitüde.

Die Band weiß außerdem, was die Leute hören wollen. Doch sind die Klassiker, wie etwa Jack Bruce’s "Ladder to the Moon" oder nach der Pause "Walking in the Park", die auf dem legendären Live-Album von 1971 den Ruf der Band befeuerten, zwar souverän, nie aber routiniert hingespielt. Zu neuen Songs wie "Hesitation" gibt es an diesem Abend keinen Bruch. Können, Erfahrung, Spielfreude und Inspiration, dazu das Feedback aus dem Saal sind eine Mischung, die die Musik unwiderstehlich macht. Großen Beifall gibt es auch für die Hommage an "die tapferen Menschen in der Ukraine", noch bevor klar ist, was Colosseum sich als Stück ausgesucht hat. Es wird die "Valentyne Suite". Neben der Widmung für die Ukrainer ein echtes Geschenk für das Publikum in Rottweil.

 

TschirgArt Jazzfestival bot Abend der Extraklasse

Colosseum – hochkarätiges Konzerterlebnis mit Return of a Legend-Tour

  • 9. Mai 2022, 16:44 Uhr
  • (mein Bezirk.at)
 

Die Bandgeschichte dieser, wie der Tourname schon verheißt in der Tat legendären Gruppe, reicht weit zurück. Dementsprechend spektakulär nehmen sich für Insider die Namen und Stationen aus, die den Weg seit der Gründung durch das 2018 verstorbene Genie Jon Hiseman, von 1968 bis heute markieren. Der Auftritt beim TschirgArt-Jazzfestival war ein Pflichttermin für Fans des bombastischen Prog-Jazz-Rocks, den Urgestein Chris Farlowe im Alter von 81 Jahren samt begnadetem Gefolge grandios lieferte.

Nach mehreren Umbauten in der Besetzung und einem Abschiedskonzert 2015 hat sich das Sextett 2021 wieder auf den Weg Richtung Bühne gemacht. Offensichtlich und zum Glück waren die Rufe der eingefleischten Colosseum Fans laut genug, um die Kulttruppe wieder in den Live-Modus zu versetzen. Und in diesem Modus funktionieren Sänger Chris Farlowe, Gitarrist Dave Clem Clempson, Bassist Mark Clarke – die altbewährten Frontliner – gemeinsam mit dem Frischekick durch die Neuzugänge Drummer Malcom Mortimore, Saxofonist Kim Nishikawara und Keyboarder Nick Steed in atemberaubender Stärke. Jeder für sich in allen spielerischen Facetten virtuos und als Colosseum vereint ein unschlagbares Kraftpaket, das die innovativen und für die Ewigkeit geschriebenen Songs der alten Zeiten sowie die jüngsten Werke des Albums „Restoration“ mit Exzellenz und Würde geradezu zelebrierten.

Unvergängliche Pioniere

Der unverkennbare Sound, mit dem sich Colosseum Ende der Sechziger und Anfang der Siebziger im Jazz-Rock-Fusion Sog nach oben spielte, begeistert ungebrochen. Nicht zuletzt deshalb, weil die Band live bis ins Details überzeugt und in den zwei vollbepackten Sets Highlights in Folge serviert. Chris Farlowe verblüffte in Imst nicht nur durch seinen markanten Gesang, sondern auch durch die Tatsache, dass er 81 Jahre alt ist – sein Jungbrunnen dürfte die Freude an der Musik sein, denn die ist bei Colosseum nicht zu überhören bzw. zu übersehen. Stimmlich hat Farlow alles bestens unter Kontrolle, auch wenn es in schwindelerregende Höhen oder seine berühmten Scat-Parts geht.

Große Performance - eindrucksvolles Repertoire

Dass die Herren allesamt Instrumentalisten aus der Topliga sind und das üppig geladene Repertoire mit der Lockerheit ablieferten, die das Publikum direkt erobert, honorierten die kundigen Konzertbesucher mit einer Mischung aus ehrfürchtiger Faszination und lautstarkem Jubel. Ebenso die Tatsache, dass es die großen Colosseum-Werke, wie „Stormy Monday Blues“ und das herrlich ausschweifende „Valentyne Suite“ als die intensive Live-Performance zu erleben gab, die sich das verwöhnte Kennerohr erhoffte. Letzteres von Clempson als Widmung an die Ukraine angekündigt und mit sagenhaften 17 Minuten Länge ein Meilenstein der Bandgeschichte. Wunderbar melancholisch erklang „Tonight“ – neu und aus der Feder des genialen Bassisten Mark Clarke – der in mehreren Songs gesanglich schwer beeindruckte. Durchgängig von „No Pleasin´“, „First in Line“ bis „Theme for an Imaginary Western“ bewiesen die Akteure stimmliche Vielfalt über die gesamte Band verteilt und Soli zum Niederknien. Clempson trumpfte exquisit an der dominanten Gitarre, der bemerkenswerte Keyboarder Steeds veredelte zahlreiche Passagen exzellent, explosiv und leidenschaftlich. Kim Nishikawara am Sax gebührt eine zentrale Rolle im Bandgefüge – das Instrument ist im Repertoire satt besetzt – er bereicherte mit emotionalen Nuancen, Power und spielerischen Feinheiten. Die für das Sounderlebnis maßgebliche geballte Ladung Druck und Dynamik schob Malcom Mortimore an den drums treffsicher nach vorne. Episch, theatralisch und einem Finale entsprechend, beschlossen Colosseum mit „Lost Angeles“ ihre Show, der noch zwei Zugaben folgten und toppten damit nochmals die ohnehin schon denkwürdigen Impressionen des Programms.

Maßstäbe gesetzt

Wie so oft zuvor haben die Verantwortlichen des ArtClub mit Colosseum eine Band nach Imst geholt, die große Musikgeschichte geschrieben hat und deren Auftritte in unseren Gefilden rar sind. Wie so oft gibt es nur eine Empfehlung: Hingehen, erleben und genießen – Legenden, Kultbands und Superstars, die man so hautnah im „kleinen und feinen Rahmen“ und der Clubatmosphäre des Jazzfestivals direkt vor die Haustüre geliefert bekommt, darf man sich nicht entgehen lassen! Für viele der versierten Festivalgäste war das Fazit des Abends eindeutig: Colosseum lieferten eines der stärksten Konzerte der letzten Jahre und legten die Messlatte sowohl in Punkto Qualität wie auch Legendenstatus sehr, sehr hoch.